Mehr Infektionen in Gemeinschaftsunterbringung – Corona verhindert zudem Zugang zu Rechtsschutz

Pressemitteilung
06.11.2020

Flüchtlingsrat fordert mehr dezentrale Unterbringung und vorübergehendes Aussetzen von Verfahren

Viele Geflüchtete stecken sich in Gemeinschaftsunterkünften mit Corona an. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des MEDIENDIENSTES INTEGRATION. Einige Bundesländer versuchen nun, stärker auf eine dezentrale Unterbringung zu setzen. Der Landesflüchtlingsrat fordert Innenminister Lorenz Caffier auf, auch in Mecklenburg-Vorpommern verstärkt in Wohnungen unterzubringen.

Derzeit wird an vielen Orten, z.B. in der Erstaufnahme in Stern Buchholz bei Schwerin, nach Auftreten vereinzelter Corona-Infektionen der Zugang zu den Einrichtungen gesperrt. Damit aber findet keine Rechtsberatung, keine Beratung im Klageverfahren, keine Einschätzung über Erfolgsaussichten, keine Begleitung als Beistand mehr statt. Damit ist der in Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz garantierte effektive Zugang zu Rechtsschutz verwehrt.

Der Flüchtlingsrat fordert das Land auf, in den Unterkünften durch Entzerrung der Unterbringungssituation und durch die Ermöglichung des Abstandhaltens ein Ausbreiten der Pandemie zu verhindern sowie den Zugang für die behördenunabhängige Asylverfahrensberatung damit wieder zu ermöglichen.

Der Flüchtlingsrat M-V fordert zugleich das BAMF auf, wieder wie zu Beginn der Pandemie die Anhörungen und den Versand ablehnender und teilablehnender Bescheide auszusetzen.

Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrats erklärt dazu: „Gesundheit ist ein Menschenrecht. Jeder Mensch hat das Recht auf das höchste erreichbare Maß an körperlicher und geistiger Gesundheit. Das ist im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte festgehalten, den die Generalversammlung der Vereinten Nationen 1966 verabschiedet hat. Die Sperrung der Einrichtungen bei Beibehaltung beengter Unterbringung, kann nicht die Lösung sein, wenn zugleich andere Grundrechte, nämlich die auf Schutz und Asyl und auf Zugang zu effektivem Rechtsschutz eingeschränkt werden. Wegen der kurzen Rechtsbehelfsfristen von je nach Fall ein oder zwei Wochen ist mindestens das Aussetzen des Versands von Bescheiden an Infizierte auszusetzen, damit Betroffene überhaupt eine Chance haben, ihr Recht wahrzunehmen.“

Hintergrund:

https://mediendienst-integration.de/artikel/tausende-covid-faelle-in-sammelunterkuenften.html

Unterbringungszahlen zentral/dezentral nach Bundesländern