PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte: Kindergrundsicherung muss für alle Kinder gelten!

Presseerklärung

12.09.23

Die geplante Kindergrundsicherung ist ein wichtiges Projekt gegen Kinderarmut, schließt aber viele Kinder aus und verstärkt dadurch bereits bestehende Chancenungleichheiten. Denn geflüchtete Kinder, die schon jetzt benachteiligt werden, weil sie kein Kindergeld bekommen, sollen nun auch von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen werden. PRO ASYL + XX fordert von der Bundesregierung, wirklich alle Kinder zu berücksichtigen!

Aktuell wird ein Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung diskutiert, der zeitnah im Kabinett beschlossen werden soll. Pro Asyl und die Flüchtlingsräte sind empört, dass von der wichtigen Maßnahme, die laut dem Familienministerium „Kinder besser vor Armut schützen und gleiche Chancen für alle Kinder und Jugendlichen schaffen” soll, ausgerechnet geflüchtete Kinder ausgenommen werden.

“Geflüchtete Kinder leben meistens prekär, für andere Kinder normale Aktivitäten oder Anschaffungen sind für sie nicht denkbar. Immerhin liegen die Leistungssätze nach Asylbewerberleistungsgesetz deutlich unter denen des Bürgergelds. Das Missverhältnis wurde besonders während des Corona-Lockdowns sichtbar, als viele geflüchtete Minderjährige die notwendigen technischen Geräte für die Teilnahme am Schulunterricht nicht anschaffen konnten. Der geplante Ausschluss geflüchteter Kinder von der Kindergrundsicherung ist Teil einer unwürdigen und auf Abschreckung gerichteten Sozialpolitik., so Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Die neue Kindergrundsicherung soll das bisherige Kindergeld um einen einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag ergänzen, der gegebenenfalls den bisher über die Sozialhilfe oder das Bürgergeld gesicherten Lebensunterhaltsbedarf von Kindern abdecken soll. Laut einem Eckpunktepapier aus dem Familienministerium von Januar 2023 war eigentlich vorgesehen, auch Kinder, die bisher nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, in die Kindergrundsicherung einzubeziehen.

Nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung sollen nun jedoch die Kinder asylsuchender und geduldeter Eltern ganz aus der Kindergrundsicherung rausfallen. Darüber hinaus sollen weitere Kinder nichtdeutscher Eltern ausgeschlossen werden, wenn ihre Eltern zum Beispiel bestimmte humanitäre Aufenthaltstitel oder wegen Überlastung der Ausländerbehörden „nur“ eine Fiktionsbescheinigung besitzen. Dies gilt auch dann, wenn die Kinder selbst ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht besitzen oder Deutsche sind. Sie sollen weder das Kindergeld (künftig: Kindergarantiebetrag) noch den einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag erhalten. Sie wären auch von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen.

Für PRO ASYL zeigt sich erneut, dass nach Deutschland geflüchtete Menschen sozialrechtlich systematisch schlechter gestellt werden. Hierzu gehört insbesondere das Asylbewerberleistungsgesetz, welches deutlich niedrigere Leistungssätze als das Bürgergeld und zum Teil sogar entmündigende Sachleistungen statt Bargeld vorsieht.  Weder die geltenden Regelungen noch die in der aktuellen Debatte häufiger gewordenen Rufe nach einer Streichung von Sozialleistungen sind mit dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vereinbar. In diesem wurde 2012 festgehalten, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Zwecken relativiert werden darf. Sprich: Nur zur Abschreckung dürfen Sozialleistungen nicht klein gehalten werden. Für eine Abschaffung des diskriminierenden Sondergesetzes, das vor 30 Jahren geschaffen wurde, setzen sich derzeit  200 Organisationen ein.

Leistungssätze nach Asylbewerberleistungsgesetz, AsylbLG: https://www.asyl.net/view/leistungssaetze-des-asylbewerberleistungsgesetzes-ab-112023

Leistungssätze Bürgergeld:
https://www.lpb-bw.de/regelsatz-buergergeld