Offener Brief: JETZT Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen!

Die Seebrücke MV hat sich in einem offenen Brief an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Innenminister Lorenz Caffier sowie an die Landtagsabgeordneten gewandt und hat dabei großartige Unterstützung von etwa 130 Erstunterzeichnenden aus Politik, Religion, Gesellschaft und Kultur aus ganz MV. Auch der Flüchtlingsrat ist dabei.

Der Brief fordert die sofortige Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland.
Menschenrechte sind nicht verhandelbar – auch nicht in Krisenzeiten!

#LeaveNoOneBehind

Dieser Hashtag mahnt zugleich: Vergesst die Menschen nicht, die mit prekären Aufenthalten in MV in den Heimen sitzen und nicht raus dürfen. Oder gar die Menschen, die jetzt illegalisiert und ohne Papiere in Deutschland nicht einmal die Möglichkeit haben zum Arzt zu gehen.

Wir veröffentlichen im Folgenden den Brief sowie die Liste der Erstunterzeichnenden:

Weitere Unterzeichner*innen schreiben an m-v[at]seebruecke.org.

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Offener Brief des Bündnisses SEEBRÜCKE MV an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Innenminister Lorenz Caffier

Es ist an der Zeit, JETZT zu handeln!

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Schwesig,
Sehr geehrter Herr Innenminister Caffier,
Sehr geehrte Abgeordnete des Landesparlaments,

Die aktuelle Situation der geflüchteten Menschen auf den griechischen Inseln und an der türkisch- griechischen Grenze ist katastrophal. Auf Menschen, die vor Krieg geflohen sind und schon unsägliches Leid erlebten, wird von europäischen GrenzschützerInnen mit Tränengas und Blendgranaten geschossen, militärische Schießübungen über mehrere Tage gezielt in dem Grenzgebiet abgehalten, Boote bewusst zerstört oder abgetrieben. Sie werden unter direkter ZeugInnenschaft der europäischen Bevölkerung gefangen gehalten, geschlagen, gefoltert, bis auf die Unterhose beraubt, sogar getötet. Mindestens zwei Menschen wurden erschossen. Die Zahl der deutschen BundespolizistInnen, die den griechischen Grenzschutz unterstützen, beläuft sich mittlerweile auf über 70. Die pogromartige Stimmung auf den griechischen Inseln spitzt die Lage zudem weiter zu. Geflüchtete, Ehrenamtliche, NGO-MitarbeiterInnen, FotografInnen und JournalistInnen werden angegriffen, Versorgungszentren und soziale Orte der Unterstützung und Hoffnung, brennen ab. Die Situation in den Lagern auf den griechischen Inseln ist jedoch gewiss nicht erst seit dem letzten Februar-Wochenende diesen Jahres katastrophal. NGOs und einzelne PolitikerInnen berichten seit Jahren über die dortigen Missstände – Geflüchtete, viele von ihnen unbegleitete Kinder und Jugendliche, leben dort seit Jahren unter erbärmlichsten und unhygienischsten Bedingungen, in völlig überfüllten Lagern, die Gewalt und Stress erzeugen. Perspektivlosigkeit, Hunger, Kälte, Einsamkeit und traumatische Erlebnisse, die sich auf europäischen Boden fortsetzen, haben eine steigende Suizid-Rate – selbst unter den Kindern und Jugendlichen – sowie einen drastischen Anstieg von physischen und psychischen Erkrankungen zur Folge. Noch immer ertrinken täglich Menschen auf ihrem Weg nach Europa im Mittelmeer. Ungeachtet dessen wurden staatliche Rettungsmissionen im letzten Jahr eingestellt. Private Seenotrettungsinitiativen tun das, worauf sich die EU- Staaten nicht einigen können – sie retten Menschenleben und werden dafür kriminalisiert. Die Kriminalisierung trifft auch die Flüchtenden selbst – mit verheerenden Folgen. Flüchtende Menschen in ihrem Flüchtlingsdasein anzuerkennen und als schutzlose Menschen zu verstehen, ist ihr einzig verbliebener Schutz in dieser Welt. Was diese Menschen erleben, ist das Katastrophalste, was einem Menschen in seinem Dasein widerfahren kann.

„Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben.“ Hannah Arendt

Dieser Satz, aus der barbarischen Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus gezogen, formuliert das Prinzip, welches den europäischen und den internationalen Menschenrechten zugrunde liegt, die zugleich im Grundgesetz der Bundesrepublik verankert sind, und dem Sie als Abgeordnete verpflichtet sind. Diesem Menschenrechtsgewissen wird mit dem beschämenden Minimalkonsens, auf den sich die Bundesregierung kürzlich einigte (gemeinsam in einer sogenannten „Koalition der Willigen“ 1000 bis 1500 geflüchtete Kinder bis 14 Jahren aufzunehmen), in keinster Weise ausreichend entsprochen.

ES IST ZEIT, ZU HANDELN. JETZT!

Seit dem Sommer 2018 engagieren sich europaweit Menschen in der internationalen Bewegung „SEEBRÜCKE“, die von verschiedenen Bündnissen und AkteurInnen der Zivilgesellschaft getragen wird. Sie setzen sich ein für eine Änderung der EU- Außenpolitik im Hinblick auf die Seenotrettung. Sie fordern sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung ziviler Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme von Geflüchteten. Im Zuge dieser Bewegung erklärten sich in Mecklenburg-Vorpommern bisher drei Städte – Rostock, Greifswald und Neubrandenburg – durch Beschlüsse der Bürgerschaft oder der Stadtvertretung zu sicheren Häfen. Deutschlandweit gibt es aktuell 138 Städte sicherer Häfen. Diese Städte zeigen sich solidarisch mit Menschen auf der Flucht, engagieren sich gegen das Sterben auf dem Mittelmeer und für eine würdevolle Aufnahme von Geflüchteten. Diese Städte sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und zusätzlich zum Königssteiner Schlüssel geflüchtete Menschen aufzunehmen. Dies erfordert eigene Landesaufnahmeprogramme der Bundesländer. Nach einem uns vorliegenden aktuellen Rechtsgutachten können die Bundesländer nach Information an das Bundesinnenministerium ein eigenes Aufnahmeprogramm auflegen, ohne wie bisher angenommen – auf dessen Zustimmung angewiesen zu sein. Die im September vergangenen Jahres von Berlin gestartete Bundesratsinitiative, den § 23 Absatz 1 Satz 3 AufenthG zu verändern, ist nach diesem Gutachten nicht zwingend nötig, weil auch jetzt schon durch das Grundgesetz klare Regelungen bestehen, die nicht durch Bundesgesetze näher ausgelegt sind. Die Aufnahme von Flüchtenden aus überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln kann demnach von der Bundesregierung nicht verweigert werden. Den Bundesländern steht das Recht zu, besonders vulnerable Personen, wie etwa Kinder und Mütter oder unbegleitete Minderjährige, aufzunehmen – auch ohne Zustimmung des Bundesinnenministeriums. Die Länder können auf diesem Wege konkrete Landesaufnahmeprogramme ausarbeiten. Ergreifen Sie diese Chance! Kommen Sie den Forderungen der Zivilgesellschaft und der eigenen Verpflichtung nach, als Abgeordnete auf Grundlage der Menschenrechte zu handeln, lassen Sie uns die Verantwortung nicht weiter auslagern! Auch wir hier in Mecklenburg-Vorpommern wollen Verantwortung übernehmen für die Menschen, die ihre Heimat, ihr Hab und Gut, ihre Arbeit, ihre Familien und vieles mehr verlassen mussten. Wir wollen nicht weiter zusehen, wie diese Menschen an den Grenzen Europas bekämpft und in ihrer Würde erniedrigt werden! Die Zivilgesellschaft ist bereit und willens, Geflüchtete in unserer Gesellschaft aufzunehmen, PatInnenschaften einzugehen, Begleitung und Betreuung – sprich: Verantwortung – zu übernehmen.

Sehr geehrte Frau Schwesig, sehr geehrter Herr Caffier: Nun ist es an Ihnen zu handeln. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und zeigen Sie, dass Sie für Menschenrechte und ein menschenwürdiges Miteinander in Europa einstehen!

Wir fordern:
– ein Landesaufnahmeprogramm für schutzsuchende Menschen von der türkisch-griechischen Grenze und aus den Lagern der griechischen Inseln. JETZT!
– Unterstützung von griechischen Behörden und NGOs vor Ort bei der Auswahl besonders betroffener Personen.
– umgehende Organisation der Reise dieser Personen in sichere Unterbringungen in unserem Bundesland.
– Schnelle medizinische Versorgung, psychologische und sozialarbeiterische Betreuung.
– Bearbeitung der Asylanträge in einem fairen nationalen Asylverfahren.

Bündnis SEEBRÜCKE MV

ErstunterzeichnerInnen :

PolitikerInnen / Parteien:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte
BÜNDNIS 90/Die Grünen Bürgerschaftsfraktion Hansestadt Wismar
BÜNDNIS 90/Die Grünen Bürgerschaftsfraktion Greifswald
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kreisverband Schwerin
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bürgerschaftsfraktion Rostock
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kreisverband Rostock
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kreisverband Vorpommern-Rügen
DIE LINKE. Bürgerschaftsfraktion Greifswald
DIE LINKE. Ortsvorstand Greifswald
DIE LINKE. Kreisvorstand Hansestadt Rostock
DIE LINKE. Kreisvorstand Ludwigslust-Parchim
DIE LINKE. Kreisvorstand Südwestmecklenburg
DIE LINKE. Neubrandenburg
DIE LINKE. Stadtfraktion Parchim
Linksjugend [’solid] Mecklenburg-Vorpommern
MLPD Rostock
Partei Die PARTEI Kreisverband Ludwigslust-Parchim
PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ, Bürgerschaftsfraktion Greifswald
PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ MV
Dr. Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Ulrike Berger, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern, Landesvorsitzende
Barbara Borchardt, Mitglied der Fraktion DIE LINKE. Kreistag Ludwigslust-Parchim und des
Bundesausschusses der Partei DIE LINKE.
Wenke Brüdgam & Torsten Koplin, Landesvorsitzende DIE LINKE. MV
Lothar Gajek, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Schwerin
Claudia Schulz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern, Landesvorsitzende

Kirche:

Propst Marcus Antonioli
Pröpstin Britta Carstensen
Pastorin Antje Exner, Wismar
Pröpstin Helga Ruch
Propst Dirk Sauermann
Propst Wulf Schünemann
Propst Gerd Panknin
Lars Müller, Flüchtlingsbeauftragter Kirchenkreis Mecklenburg
Kirchengemeinderat der Innenstadtgemeinde Rostock
Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugend in Mecklenburg-Vorpommern

Kulturschaffende:

Feine Sahne Fischfilet
Andreas Grylla, Schriftsteller
Angelika Janz, tEXt bILd, Ferdinanshof
Karolin Köhn, Freiberufliche Redakteurin, Rostock
Kunst & Kommunikation, Eckhard Bergmann
Landesverband Freier Theater Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Mario Lopatta, Volkstheater Rostock
Matter of Fact, Krönert & Slabschie GbR
Peer Roggendorf, Schauspieler in Rostock
PopKW , Landesverband für populäre Musik und Kreativwirtschaft M-V e.V.
Radio Lohro 90.2 MHz
Sandra-Uma Schmitz, Diplom Schauspielerin am Volkstheater Rostock
TANDERA Theater Dörte Kein
Waving the Guns
Martina Witte, Theaterleiterin Compagnie de Comedie

Zivilgesellschaft:

AG Flüchtlingshilfe Stralsund e.V.
Aktionsbündnis 8. Mai Demmin
Aktionsgruppe Eine Welt e.V. Schwerin / Weltladen Schwerin
Autonome Antifa Anklam
Brinke26 e.V.
Bündnis Greifswald für Alle
Bündnis Neubrandenburg Nazifrei
Bündnis Rostock nazifrei
BUND-Gruppe Schwerin
BUNDjugend MV (Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz MV)
Bunt statt braun e.V.
Bürgerhafen Greifswald
Demokratiebahnhof Anklam
Der Rostocker Frauenkulturverein Die Beginen e. V.
Eine-Welt-Landesnetzwerk M-V e. V
FINC-Foundation
Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Frauen helfen Frauen e.V. Rostock
F*streik Bündnis Rostock
Gemeinsam für Frieden und Menschenrechte Rostock
Green Goldi Unverpackt Rostock
Gutshaus Hermannshagen e.V.
IFC- Internationaler Fußball-Club Rostock e.V.
Initiative PRO BLEIBERECHT MV
Integrative psychosoziale Flüchtlingsberatung Rostock
Jugend kann bewegen e.V.
KARO gAG
Kreisjugendring Mecklenburgische Seenplatte e.V.
LIBERA Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Migranet MV
Neubrandenburg hilft
Netzwerk für Demokratie und Courage – Landesnetzwerk Mecklenburg-Vorpommern
Netzwerk für Flüchtlinge, Demokratie & Toleranz Parchim e.V.
Pfadfinderbund M-V
Projekt Psychosoziales Zentrum Rostock – Ökohaus Rostock
Qube – Queere Bildungs- und Antidiskriminierungsarbeit in MV
Radio Lohro 90,2 MHz
Rock gegen Rechts MV
Rostock hilft – Newcomer Café
Schweriner Friedensbündnis
SJD – Die Falken Mecklenburg-Vorpommern
Soziale Bildung e.V. Rostock
Tutmonde e.V., Frauenrechte, Kinderschutz und Entwicklungspolitik
ver.di Nord, Landesbezirksvorstand
verquer. – Bildung für globale Gerechtigkeit, Greifswald
Weltblick – Fairer Handel, Bildung, Projekte e.V., Greifswald

Einzelpersonen:

Hans-Henning Bär, Büro & Atelier für Restaurierung und Denkmalpflege Sundhagen
Eckhard Bergmann, Galerie EBE Parchim
Dr. Klaus Blaudzun, Geschäftsführer, Institut für neue Medien gGmbH
Karin Breitenfeldt, ehrenamtliche Flüchtlingshelferin, Insel Rügen
Tanja Czechl, Radio Lohro, Jugendkoordinatorin
Imam-Jonas Dogesch, Migranet Rostock
Anke Drechsler, Rostock
Renate Franke
Silke Gajek, Vorstandsvorsitzende Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfekontaktstellen M-V
Ralf-Peter Hässelbarth, Neustrelitz
Ernst Ludwig Iskenius, Arzt, Lübtheen
Friedrich Küchler
Karen Larisch, Güstrow – Villa Kunterbündnis
Janett Launhard
Heiko Lietz, Bürgerrechtler, Schwerin
Horst & Birgit Lohmeyer, Jamel
Sandra Rabe-Maticevic, Dipl. Päd., Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Auslandsbeauftragte des Instituts
für Allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik Universität Rostock
Anna Murawska, Produktentwicklung und Unternehmensberatung, Heringsdorf
Ulrike Nehls, Rostock
Andrea Sakowski, Initiative Probleiberecht MV, Rügen
Matthias Scheibe, Ostseebad Sellin
Heinz Schmidt, Sprecher Schweriner Friedensbündnis
David Schultes
Maria Schulz, Vorstand Senselab e.V. – Rostock
Jüte Sigeneger, Rostock
Claudia Stauß, Bühnenmeisterin, Mestlin
Friedrich Steilen
Prof. Dr. Brigitte Stepanek, Greifswald
Barbara Camilla Tucholski
Ulrike Wanitschke, Ökohaus e.V. Rostock
Patrik Witzke, Insane Studios
Carmen Ziegler, Katzow
Kristin Zimmermann, Rostock